Книга: Drei Kameraden / Три товарища. Книга для чтения на немецком языке
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XVII

Es war zwei Wochen später. Pat hatte sich soweit erholt, dass wir zurückreisen konnten. Wir hatten unsere Sachen gepackt und warteten auf Gottfried Lenz. Er sollte den Wagen abholen. Pat und ich wollten mit der Eisenbahn fahren.

Gottfried kam nach dem Mittagessen an. Ich sah seinen blonden Kopf schon von weitem über die Hecken leuchten. Erst als er in den Fahrweg zur Villa Fräulein Müllers einbog, bemerkte ich, dass er nicht allein war; – neben ihm tauchte eine Rennfahrerimitation in Miniaturformat auf, – eine riesige karierte Mütze, die mit dem Schild nach hinten aufgesetzt war, eine mächtige Staubbrille, ein weißer Overall und ein Paar gewaltige, rubinrot leuchtende Ohren.

,,Mein Gott, das ist ja Jupp!” sagte ich erstaunt.

„Persönlich, Herr Lohkamp!” erwiderte Jupp grinsend.

„Und in dem Aufzug! Was ist denn bloß los mit dir?”

„Das siehst du doch”, erklärte Lenz vergnügt und schüttelte mir die Hand. „Er wird zum Rennfahrer herangebildet. Seit acht Tagen bekommt er bei mir Fahrunterricht. Da hat er mich angefleht, dass ich ihn heute mitnehmen soll. Gute Gelegenheit für ihn, seine erste Überlandtour zu machen.”

„Werde die Sache schon schmeißen, Herr Lohkamp!” bestätigte Jupp eifrig.

„Und wie er sie schmeißen wird!” Gottfried schmunzelte. „Ich habe sowas an einem Verfolgungswahnsinnigen noch nicht gesehen! Am ersten Tag seines Fahrunterrichtes hat er schon versucht, mit unserer alten, guten Taxe einen Mercedes-Kompressor zu überholen. Ein verdammter, kleiner Satan!”

Gottfried blickte mit väterlichem Stolz auf seinen Fahrschüler herab.

„Zunächst schnapp dir jetzt mal die Koffer und bring sie zum Bahnhof.”

„Allein?” Jupp explodierte fast vor Spannung. „Darf ich das Stück bis zum Bahnhof ganz allein fahren, Herr Lenz?”

Gottfried nickte und Jupp raste ins Haus.

* * *

Wir gaben die Koffer auf. Dann holten wir Pat ab und fuhren zum Bahnhof. Es war noch eine Viertelstunde zu früh, als wir ankamen. Der Bahnsteig war leer. Nur ein paar Milchkannen standen herum.

„Fahrt nur los”, sagte ich. „Ihr kommt sonst zu spät nach Hause.”

Jupp richtete sich auf. „Herr Lohkamp”, sagte er vorwurfsvoll, „ich habe mir die Sache genau durchgerechnet. Wir sind bequem um acht Uhr in der Werkstatt.”

Gottfried kletterte in den Sitz. „So, Jupp, nun zeige der Dame mal, wie ein Kavalier und künftiger Weltmeister startet!”

Pat und ich saßen noch eine Weile vor dem Bahnhof auf einer Bank. Die heiße, weiße Sonne lag breit auf der hölzernen Wand, die den Bahnsteig absperrte.

Es roch nach Harz und Salz. Pat lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Sie saß ganz still, das Gesicht der Sonne zugewendet.

„Bist du müde?” fragte ich.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, Robby.”

„Da kommt der Zug”, sagte ich.

Die Lokomotive stampfte heran, schwarz, klein und verloren vor der zitternden, großen Weite. Wir stiegen ein. Der Zug war wenig besetzt. Er fuhr schnaufend an.

Pat stand neben mir am Fenster und schaute hinüber. Die Strecke führte in einer Kurve näher heran und man konnte deutlich die Fenster unserer Zimmer sehen. Sie standen offen und das weiße Bettzeug war halb herausgelegt in die Sonne.

„Da ist Fräulein Müller”, sagte Pat.

„Ja, wahrhaftig.”

Sie stand vor der Haustür und winkte. Pat holte ihr Taschentuch hervor und ließ es zum Fenster hinausflattern.

„Das sieht sie nicht”, sagte ich, „es ist zu klein und zu dünn. Hier, nimm meines.”

Sie nahm es und winkte. Fräulein Müller winkte heftig zurück.

Der Zug gewann allmählich das freie Feld. Das Haus versank und die Dünen blieben zurück.

Pat gab mir mein Taschentuch zurück und setzte sich in eine Ecke. Ich zog das Fenster hoch. Vorbei! dachte ich, Gott sei Dank, vorbei! Es war nichts als ein Traum! Ein verfluchter, böser Traum!

* * *

Kurz vor sechs Uhr kamen wir in der Stadt an. Ich nahm ein Taxi und verstaute die Koffer. Dann fuhren wir zu Pats Wohnung.

„Kommst du mit herauf?” fragte sie.

„Natürlich.”

Ich brachte sie hinauf, dann fuhr ich wieder hinunter, um mit dem Chauffeur zusammen die Koffer zu holen. Als ich zurückkam, stand Pat noch im Vorraum. Sie sprach mit Oberstleutnant von Hake und seiner Frau.

Wir gingen in ihr Zimmer. Es war heller, früher Abend draußen. Auf dem Tisch stand eine Glasvase mit blassroten Rosen. Pat ging ans Fenster und sah hinaus. Dann wandte sie sich um. „Wie lange waren wir eigentlich fort, Robby?”

„Genau achtzehn Tage.”

„Achtzehn Tage. Mir kommt es viel länger vor.”

„Mir auch. Das ist aber immer so, wenn man mal rauskommt.” Sie schüttelte den Kopf. „Das meine ich nicht – ”

„Sieh nur die Rosen”, sagte ich. „Sie sind von Köster. Hier liegt seine Karte dabei.”

Sie nahm die Karte auf und legte sie dann wieder auf den Tisch. Sie sah die Rosen an, aber ich sah, dass sie sie kaum bemerkte. Sie war mit ihren Gedanken noch bei dem Liegestuhl. Sie hatte geglaubt, ihm schon entronnen zu sein und nun wurde er vielleicht doch wieder ein Teil ihres Lebens.

Ich ließ sie ruhig gewähren und sagte nichts mehr. Es hatte keinen Zweck, sie abzulenken. Sie musste damit fertig werden und es war besser, es geschah jetzt, wo ich dabei war. Man konnte es mit noch so viel Worten höchstens verschieben, aber einmal kam es dann doch und vielleicht war es dann noch viel schwerer.

Sie stand eine Weile neben dem Tisch, das Gesicht gesenkt und die Hände aufgestützt. Dann hob sie den Kopf und blickte mich an. Ich sagte nichts. Sie ging langsam um den Tisch herum und legte mir die Hände auf die Schultern.

„Alter Bursche”, sagte ich.

Sie lehnte sich an mich. Ich hielt sie fest. „Jetzt werden wir die Sache mal angehen, was?”

Sie nickte. Dann strich sie sich das Haar zurück. „War nur so ein Augenblick, Robby.”

„Natürlich.”

Es klopfte. Das Dienstmädchen kam mit dem Teewagen. „Das ist gut”, sagte Pat.

„Willst du Tee?” fragte ich.

„Nein, Kaffee, guten, starken Kaffee.”

Ich blieb noch eine halbe Stunde. Dann wurde sie müde. Ich sah es an ihren Augen. „Du solltest etwas schlafen”, schlug ich ihr vor.

„Und du?”

„Ich gehe nach Hause und schlafe auch etwas. Dann hole ich dich in zwei Stunden zum Essen ab.”

Sie fragte nichts mehr. Sie war sehr müde und fiel nur so zusammen. Ich brachte sie zu Bett und deckte sie zu. Sie schlief sofort ein. Ich stellte die Rosen neben sie und legte auch die Karte Kösters hinzu, damit sie gleich etwas hatte, um daran zu denken, wenn sie aufwachte. Dann ging ich.

* * *

Unterwegs blieb ich vor einem Telefonautomaten stehen. Ich beschloss, Jaffé gleich jetzt anzurufen. Zu Hause war es schwierig. Da musste ich damit rechnen, dass die ganze Pension zuhörte.

Ich nahm den Hörer ab und meldete die Nummer der Klinik an. Nach einer Weile kam Jaffé an den Apparat. „Hier ist Lohkamp”, sagte ich und räusperte mich. „Wir sind heute zurückgekommen. Seit einer Stunde sind wir wieder hier.”

„Sind Sie mit dem Wagen gefahren?” fragte Jaffé.

„Nein, mit der Bahn.”

„So, und wie geht es?”

„Gut”, erwiderte ich.

Er überlegte einen Augenblick. „Ich werde Fräulein Hollmann morgen untersuchen. Morgen vormittag um elf. Wollen Sie ihr das bestellen?”

„Nein”, sagte ich. „Ich möchte nicht, dass sie weiß, dass ich Sie angerufen habe. Sie wird sicher morgen selbst telefonieren. Vielleicht sagen Sie es ihr dann.”

„Gut. Machen wir es so. Ich werde es ihr sagen.”

„Kann ich dann morgen nachmittag bei Ihnen vorbeikommen?” fragte ich.

Jaffé antwortete nicht. „Ich möchte gern wissen, wie es mit ihr steht”, sagte ich.

„Das kann ich Ihnen morgen noch nicht sagen”, erwiderte Jaffé. „Ich muss sie mindestens eine Woche lang beobachten. Aber ich werde Ihnen dann Bescheid geben.”

„Glauben Sie, dass sie – dass sich so ein Anfall wiederholen kann?”

Jaffé zögerte eine Sekunde. „Möglich ist es natürlich”, sagte er dann, „aber es ist nicht wahrscheinlich.

Ich werde Ihnen das erst sagen können, wenn ich sie genau untersucht habe. Ich rufe Sie dann an.”

„Ja, danke.”

Ich hängte den Hörer an. Draußen stand ich noch eine Weile auf der Straße herum. Es war staubig und schwül. Dann ging ich nach Hause.

* * *

An der Tür stieß ich auf Frau Zalewski. Sie kam wie eine Kanonenkugel aus dem Zimmer von Frau Bender geschossen. Als sie mich sah, stoppte sie. „Was, schon zurück?”

„Wie Sie sehen. Ist inzwischen was gewesen?’’

„Für Sie nichts. Post auch nicht. Aber Frau Bender ist ausgezogen.”

„So? Warum denn?”

Frau Zalewski stemmte die Arme in die Seiten. „Weil es überall Lumpen gibt. Ins Christliche Hospiz ist sie gezogen. Mit ihrer Katze und ganzen sechsundzwanzig Mark Vermögen.”

Sie erzählte, dass das Kinderheim, in dem Frau Bender Säuglingsschwester gewesen war, inzwischen verkracht sei. Der Leiter, ein Pastor, hatte unglücklich an der Börse spekuliert. Frau Bender war entlassen worden und hatte dabei noch ihr rückständiges Gehalt für zwei Monate eingebüßt.

„Hat sie schon was Neues gefunden?” fragte ich gedankenlos.

Frau Zalewski sah mich nur an.

„Na ja, natürlich nicht”, sagte ich.

„Ich habe ihr gesagt, sie könne ruhig wohnen bleiben. Mit dem Bezahlen eile es nicht. Aber sie wollte nicht.”

„Was soll das Zimmer eigentlich kosten?” fragte ich. Mir war plötzlich eine Idee gekommen.

„Siebzig Mark.”

„Viel zu teuer”, sagte ich, jetzt ganz wach.

„Mit Morgenkaffee, zwei Brötchen und reichlich Butter?”

„Erst recht. Den Morgenkaffee Fridas müssen Sie abziehen. Fünfzig, nicht einen Pfennig mehr.”

„Wollen Sie es etwa mieten?” fragte Frau Zalewski.

„Vielleicht.”

Pat hier, immer hier, bei mir, – ich konnte mir das nicht vorstellen! Ich wäre auch nie auf den Gedanken gekommen, wenn sie gesund gewesen wäre. So aber, – ich öffnete die Tür und maß den Balkon aus. Doch dann schüttelte ich den Kopf und ging in meine Bude zurück.

Sie schlief noch, als ich bei ihr eintrat. Ich setzte mich leise in einen Sessel neben das Bett, aber sie erwachte sofort.

„Schade, ich habe dich aufgeweckt”, sagte ich.

„Bist du die ganze Zeit hier gewesen?’’ fragte sie.

„Nein. Eben erst wieder gekommen.”

Sie dehnte sich und legte ihr Gesicht gegen meine Hand. „Das ist gut. Ich habe nicht gern, wenn man mir beim Schlafen zusieht.”

„Das kann ich verstehen. Ich habe es auch nicht gern. Ich wollte dir auch nicht zusehen. Ich wollte dich nur nicht wecken. Willst du nicht noch ein bisschen schlafen?”

„Nein, ich bin ganz ausgeschlafen. Ich stehe gleich auf.”

Ich ging in das Zimmer nebenan, während sie sich anzog.

Pat kam herein. Sie sah wunderschön aus, ganz frisch und gar nicht mehr abgespannt. „Du siehst glänzend aus”, sagte ich überrascht.

„Ich fühle mich auch gut, Robby. Als wenn ich eine ganze Nacht geschlafen hätte. So etwas wechselt rasch bei mir.”

„Ja, weiß Gott! Manchmal geht es so rasch, dass man kaum mitkommt.”

„Ja, Liebling”, sagte sie und nickte, „das ist wirklich so. Und nun komm, wir wollen jetzt essen gehen.”

„Wohin wollen wir denn gehen?” fragte ich.

„Zu Alfons. Ich muss all das wiedersehen. Ich habe das Gefühl, als wäre ich eine Ewigkeit fortgewesen.”

„Gut!” sagte ich. „Aber hast du auch den richtigen Hunger dafür? Zu Alfons kann man nicht gehen ohne Hunger. Er wirft einen sonst raus.”

Sie lachte. „Ich habe sogar einen furchtbaren Hunger.”

„Dann los!” Ich war plötzlich sehr froh.

Der Einzug bei Alfons war triumphal. Er begrüßte uns, verschwand gleich darauf und kam wieder, einen weißen Kragen und eine grüngepunktete Krawatte umgebunden. Das hätte er beim deutschen Kaiser nicht gemacht.

„Also, Alfons, was gibt es Gutes?” fragte Pat und stemmte beide Hände auf den Tisch.

Alfons schmunzelte, blies die Lippen auf und machte die Augen klein. „Sie haben Glück gehabt! Es gibt heute Krebse!”

Er trat einen Schritt zurück, um die Wirkung zu beobachten. Sie war erstklassig. „Dazu ein Glas jungen Moselwein”, flüsterte er verzückt und trat noch einen Schritt zurück. Er erntete stürmischen Beifall, merkwürdigerweise auch von der Tür her. Dort erschien nämlich mit wildem, gelbem Haar und sonnenverbrannter Nase gerade der grinsende Schädel des letzten Romantikers.

„Gottfried?” schrie Alfons auf, „du? Persönlich? Mensch, was für ein Tag! Komm an meine Brust!”

„Jetzt kannst du was erleben”, sagte ich zu Pat.

Die beiden stürzten einander in die Arme. Alfons klopfte Lenz auf den Rücken, dass es klang, als wäre nebenan eine Schmiede. .,Hans”, schrie er zum Kellner hinüber, „bring den Napoleon!”

Er schleppte Gottfried zur Theke. Der Kellner brachte eine große, verstaubte Flasche heran. Alfons schenkte zwei Gläser voll.

Beide tranken die Gläser auf einen Zug leer.

„Erstklassig!” sagte Gottfried. „Ein Kognak für Madonnen!”

„Eine Schande, ihn so runterzusaufen”, bestätigte Alfons.

„Aber wie soll man langsam trinken, wenn man sich freut! Komm, wir nehmen noch einen!”

Etwas atemlos kam Lenz zurück an den Tisch. Er zog seine Uhr. „Zehn Minuten vor acht mit dem Citroen in der Werkstatt angekommen. Was sagt ihr dazu?”

„Ein Rekord”, erwiderte Pat. „Jupp soll leben! Ich werde ihm ebenfalls eine Schachtel Zigaretten stiften.”

„Und du kriegst dafür eine Portion Krebse extra!” erklärte Alfons, der Gottfried auf dem Fuße gefolgt war. Dann übergab er uns eine Art von Tischtüchern. „Zieht eure Jacken mal aus und bindet das hier um! Die Dame erlaubt es doch, oder nicht?”

„Ich halte es sogar für notwendig”, sagte Pat.

Alfons nickte erfreut. „Sie sind eine vernünftige Frau, das wusste ich. Krebse muss man gemütlich essen. Ohne Angst vor Flecken.” Er schmunzelte. „Sie selbst bekommen natürlich etwas Eleganteres.”

Der Kellner Hans brachte einen schneeweißen Küchenkittel. Alfons entfaltete ihn und half ihr hinein. „Steht Ihnen gut”, lobte er.

„Heftig, heftig!” erwiderte sie und lachte.

„Freut mich, dass Sie sich das gemerkt haben”, sagte Alfons wohlwollend. „Wärmt einem das Herz.”

Alfons ging zum Grammophon. Gleich darauf donnerte der Pilgerchor aus dem „Tannhäuser” los. Wir lauschten schweigend.

Kaum war der letzte Ton verklungen, da öffnete sich die Küchentür und der Kellner Hans erschien mit einer Schüssel, so groß wie eine Kinderbadewanne. Sie dampfte und war voll Krebse. Er stellte sie keuchend auf den Tisch. „Bring mir auch eine Serviette”, sagte Alfons.

„Du willst mit uns essen, Goldjunge?” rief Lenz.

„Welche Auszeichnung!”

„Wenn die Dame nichts dagegen hat?”

„Im Gegenteil, Alfons!”

Pat rückte ihren Stuhl beiseite und er nahm neben ihr Platz.

Er griff in die Schüssel und begann, mit unheimlicher Geschwindigkeit für sie einen Krebs zu zerlegen. Er machte das mit seinen riesigen Händen so geschickt und elegant, dass sie nichts anderes zu tun hatte, als die ihr appetitlich mit der Gabel dargebotenen Bissen zu essen.

„Schmeckts?” fragte er.

„Prachtvoll!” Sie hob ihr Glas. „Auf Ihr Wohl, Alfons.”

Alfons stieß feierlich mit ihr an und trank sein Glas langsam aus. Ich sah sie an. Es wäre mir lieber gewesen, sie hätte irgendetwas ohne Alkohol getrunken. Sie spürte meinen Blick.

„Salute, Robby”, sagte sie.

Sie war wunderschön, ganz leuchtend und froh.

„Salute, Pat”, sagte ich und trank mein Glas aus.

„Ist es nicht herrlich hier?” fragte sie und sah mich immer noch an.

„Wunderbar!” Ich schenkte mir von neuem ein.

„Prost, Pat!”

Ein Schein ging über ihr Gesicht. „Prost, Robby! Prost, Gottfried!”

Wir tranken zum Schluss alle noch einen Napoleon und verabschiedeten uns dann von Alfons. Pat war glücklich. „Es war herrlich!” sagte sie. „Ich danke Ihnen auch vielmals, Alfons. Es war wirklich herrlich!” Sie gab ihm die Hand. Alfons murmelte etwas und küsste ihr die Hand. Lenz fielen vor Erstaunen darüber fast die Augen aus dem Kopf. „Kommt bald wieder”, sagte Alfons. „Du auch, Gottfried!”

Draußen stand klein und verlassen unter der Laterne der Citroen.

„Oh”, sagte Pat und blieb stehen. Es zuckte über ihr Gesicht.

„Ich habe ihn nach seiner Leistung heute Herkules getauft!” Gottfried öffnete den Schlag. „Soll ich euch nach Hause fahren?”

„Nein”, sagte Pat.

Pat nahm meinen Arm. Sie ging mit ihren schönen, geschmeidigen Schritten neben mir her, ich spürte die Wärme ihrer Hand, ich sah den Schimmer der Laternenlichter über ihr belebtes Gesicht gleiten, – nein, ich konnte es nicht begreifen, dass sie krank war, ich konnte es nur tagsüber begreifen, aber abends nicht, wenn das Leben zärtlicher und wärmer und verheißungsvoller war —

„Wollen wir noch ein bisschen zu mir gehen?” fragte ich.

Sie nickte.

* * *

Ich schloss auf und sah nach. Der Korridor lag kahl erleuchtet da wie eine schmale Vorstadtstraße.

Ich holte Pat herein.

„Ich glaube, wir machen lieber kein Licht, was?”

fragte ich in meinem Zimmer.

„Doch, Liebling. Einmal ganz kurz, dann kannst du es wieder ausmachen.”

„Du bist ein unersättlicher Mensch”, sagte ich, tauchte kurz die rote Plüschherrlichkeit in grelles Licht und machte es schleunigst wieder aus.

Die Fenster standen offen und von den Bäumen draußen hauchte die Nachtluft frisch wie aus einem Walde herein.

„Schön”, sagte Pat und kauerte sich in die Ecke der Fensterbank.

„Findest du es wirklich schön hier?”

„Ja, Robby. Wie in einem großen Sommerpark.

Herrlich!”

„Hast du dir im Vorbeigehen das Zimmer nebenan einmal angesehen?” fragte ich.

„Nein, warum?”

„Hier links dieser prachtvolle, große Balkon gehört dazu. Er ist ganz abgedeckt und ohne Gegenüber. Wenn du da jetzt wohntest, brauchtest du nicht einmal einen Badeanzug für deine Sonnenbäder.”

„Ja, wenn ich da wohnte – ”

„Das kannst du”, sagte ich leichthin. „Du hast ja gesehen, das Zimmer wird in den nächsten Tagen frei.”

Sie sah mich an und lächelte. „Glaubst du, dass so etwas richtig wäre für uns? Dauernd so nahe zusammen zu sein?”

„Wir wären ja gar nicht dauernd zusammen”;, erwiderte ich. „Tagsüber bin ich doch überhaupt nicht da. Abends auch oft nicht. Aber wenn wir dann schon mal zusammen wären, brauchten wir nicht in Lokalen zu sitzen oder uns immer wieder so rasch zu trennen, als wären wir beieinander nur zu Besuch.”

Sie rührte sich ein wenig in ihrer Ecke. „Das klingt ja beinahe so, als hättest du es dir schon genau überlegt, Liebling.”

„Habe ich auch”, sagte ich. „Den ganzen Abend schon.”

Sie richtete sich auf. „Meinst du es wirklich im Ernst, Robby?”

„Zum Donnerwetter, ja”, sagte ich, „merkst du das immer noch nicht?”

Sie schwieg einen Augenblick. „Robby”, sagte sie dann und ihre Stimme war tiefer als vorher, „wie kommst du gerade jetzt darauf?”

„Ich komme darauf”, erwiderte ich, heftiger als ich wollte, denn ich fühlte plötzlich, dass jetzt die Entscheidung kam über vieles mehr noch als über das Zimmer, „ich komme darauf, weil ich gesehen habe in diesen letzten Wochen, wie wunderbar es ist, ganz zusammen zu sein. Ich kann das nicht mehr ertragen, dieses stundenweise Treffen! Ich will mehr von dir haben! Ich will, dass du immer bei mir bist, ich habe keine Lust mehr auf das kluge Versteckenspiel der Liebe, es ist mir zuwider, ich brauche es nicht, ich will einfach dich und nochmals dich, ich werde nie genug kriegen von dir und ich will dich nicht eine einzige Minute entbehren.”

Ich hörte ihren Atem. Sie hockte in der Fensterecke, die Hände um die Knie gelegt, und schwieg. „Du kannst mich ruhig auslachen”, sagte ich.

„Auslachen?” erwiderte sie.

„Na ja, weil ich immer sage: ich will. Du musst schließlich ja auch wollen.”

Sie sah auf. „Weißt du, dass du dich verändert hast, Robby?”

„Nein.”

„Doch. Du sagst es ja selbst. Du willst. Du fragst nicht mehr so viel. Du willst einfach.”

„Das ist noch keine so große Veränderung. Du kannst ja trotzdem nein sagen, auch wenn ich noch so sehr will.”

Sie beugte sich plötzlich zu mir vor. „Warum sollte ich denn nein sagen, Robby”, sagte sie mit sehr warmer und zärtlicher Stimme, „ich will es ja auch – ”

Überrascht nahm ich sie um die Schultern. Ihr Haar streifte mein Gesicht. „Ist das wahr, Pat?”

„Aber ja, Liebling.”

„Verdammt”, sagte ich, „das hätte ich mir viel schwerer vorgestellt.”

Wir standen noch eine Weile am Fenster. „Deine Sachen nehmen wir alle mit”, sagte ich. „Du sollst hier nichts entbehren. Sogar einen Teewagen schaffen wir uns an. Frida wird das schon lernen.”

„Wir haben ja einen, Liebling. Er gehört ja mir.”

„Um so besser. Dann werde ich morgen gleich mit Frida trainieren.”

Sie lehnte den Kopf gegen meine Schulter. Ich spürte, dass sie müde war. „Soll ich dich jetzt nach Hause bringen?” fragte ich.

„Gleich. Ich lege mich nur noch einen Augenblick hin.”

Sie lag ruhig, ohne zu sprechen, auf dem Bett, als schliefe sie. Aber ihre Augen waren offen und manchmal fing sich in ihnen der Reflex der Lichtreklamen, die wie bunte Nordlichter lautlos über die Wände und die Decke glitten. Es war draußen still geworden.

„Du solltest gleich hier bleiben”, sagte ich.

Sie richtete sich auf. „Heute nicht, Liebling

„Ich hätte viel lieber, wenn du hier bliebest

„Morgen – ”

Sie stand auf und ging leise durch das dunkle Zimmer. Ich dachte an den Tag, als sie zum ersten Male bei mir geblieben und in der grauen Dämmerung der Frühe ebenso still durch das Zimmer gegangen war, um sich anzuziehen.

Sie kam zurück aus der Dunkelheit zu mir und nahm mein Gesicht in ihre Hände. „Es war schön bei dir, Liebling. Sehr schön. Es ist gut, dass du da bist.”

Ich erwiderte nichts. Ich konnte nichts erwidern.

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